Digitales Österreich: eine Vermessung

10.11.2021

Das Smartphone ist inzwischen ein Gebrauchsgegenstand für alle geworden – und auch die Älteren fahren zusehends auf WhatsApp & Co. ab. Das zeigt eine Umfrage für das Wirtschaftsmagazin Trend.

Was nervt Sie mehr? Die oft zig E-Mails, die Sie am Montagmorgen – oder neuerdings immer öfter am Sonntagabend – abzuarbeiten beginnen, oder das Signal-Sperrfeuer eintrudelnder Chat-Nachrichten? Seit Corona sind die Einkaufs-, Behörden- und Informationswege schubweise digitaler geworden, das hat Lust und Frust rund um Smartphone, Tablet & Co. befeuert.

Digitale Askese ist allerdings eine echte Ausnahme. Nur ein Prozent der Befragten gibt an, kein Smartphone zu nutzen, und nur 5 Prozent nehmen regelmäßig für mehrere Tage eine Auszeit von ihren Geräten, 28 Prozent dagegen nie. Dabei gibt es kaum Unterschiede nach Altersgruppen, Geschlechtern, Berufstätigkeit oder Wohnort. Das Smartphone ist folglich vom Rand ins Zentrum der Gesellschaft gedrückt. „Es ist ein Gebrauchsgegenstand, ja ein Hygienefaktor geworden“, formuliert Birgit Starmayr von MARKET.

Heißt das aber auch, dass die digitalen Kommunikationsplattformen rundherum akzeptiert werden? Bei diesem Punkt wird differenziert. Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter, die zu besonders intensiver Beschäftigung herausfordern, nerven 33 Prozent der Befragten „sehr stark“ oder „stark“, am stärksten übrigens die 50- bis 59-Jährigen. Dagegen rangieren E-Mails in der Nervigkeits-Skala mit 20 Prozent deutlich weiter unten. Dazwischen siedeln sich Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Telegram an, auch die in der Coronazeit zu Breitenanwendung gekommenen Videokonferenztools wie Zoom oder Teams werden noch vergleichsweise mild bewertet.

In der Betrachtung nach Altersgruppen fällt auf, dass auch die Generation 60 plus all diese Kommunikationswerkzeuge inzwischen nutzt, nur bei Facebook & Co. ist sie eindeutig zurückhaltender als die der Jüngeren. Es gebe nur „geringe Unterschiede zwischen den Altersgruppen“, bestätigt Starmayr. Kurzum: Wie das Smartphone sind auch die dazugehörigen Kommunikationsmittel Teil der Bevölkerung – der oft herbeigeschriebene Digital Divide – ist aus den Daten nicht herauszulesen.

Mit Vorsicht zu bewerten sind die Antworten, wenn es um die Nützlichkeit digitaler Fertigkeiten für das künftige Berufsleben geht. Das hängt mutmaßlich damit zusammen, dass die abgefragten Begrifflichkeiten nur eingeschränkt bekannt sind. Während je 93 Prozent „Programmieren“ und „Datenbanken“ vertraut sind, hinken digitale Schlüsselbegriffe wie „Internet of Things“ und „Blockchain“ mit 73 bzw. 68 Prozent noch deutlich hinterher. „Was man kennt, wird als wichtig erachtet“ – auf diese einfache Formel bringt Starmayr deshalb auch die Ergebnisse, was die Zukunftsrelevanz der neuen Technologien und Fertigkeiten betrifft. Muster: Programmieren? Ja, bitte! Blockchain? Eher nicht.

Spannend sind die Antworten auf die Frage, was die Digitalpolitik tun muss, um das Land voranzubringen. Dabei konnten aus fünf Antwortmöglichkeiten drei gewählt und priorisiert werden. Zählt man Rang eins und zwei zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Eine besondere Versorgung der ländlichen Regionen mit Breitbandinternet wird als dringlichste Aufgabe der Politik benannt – die vielen angekündigten Internetoffensiven sind offenkundig noch immer nicht in der Breite angekommen. Gleichauf aber liegt ein Thema, das zur geistigen Infrastruktur gehört: bessere Aufklärung über Fake News beziehungsweise Falschinformationen im Internet, egal, ob in der Schule, im Betrieb oder für Nutzer zu Hause. „Da fehlt es offenbar an Aufklärungsarbeit“, ortet market-Expertin Starmayr Überforderung und Unzufriedenheit in diesem Fortkommen des digitalen Standorts gehören und deshalb auch gute Rahmenbedingungen von Arbeitsrecht bis Finanzierungsmöglichkeiten benötigen, hat sich dagegen noch nicht überall herumgesprochen. Nur elf Prozent sehen diesen Punkt auf Rang eins oder zwei der politischen Prioritätenliste.

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