War das alles, Sebastian Kurz?

14.10.2021

Die letzten Tage sorgten wieder einmal für innenpolitische Aufregung in Österreich. Durch das Bekanntwerden von Vorwürfen der Korruption, Untreue und Bestechung gegen Sebastian Kurz und sein engstes Umfeld durch die WKStA geriet das türkise System ins Wanken, was schließlich zu einem Ausscheiden des Kanzlers aus der Bundesregierung führte. Mit Alexander Schallenberg wurde schnell ein Nachfolger gefunden, der sich allerdings selbst erheblichem Gegenwind gegenüber wiederfindet. MARKET ging in diesem Zusammenhang nun den großen Fragen nach: „War das alles – und wie geht es weiter?“

So optimistisch wie einige ÖVP-Interna die Causa nach den Umstrukturierungen sehen, gestaltet sich das Bild in der Bevölkerung nicht. Immerhin gehen knapp 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher davon aus, dass die bisher vorgebrachten Anschuldigungen gegen Kurz & Co nicht alles waren, und in diesem Zusammenhang in nächster Zeit noch weitere Vergehen aufgedeckt werden. Spannend an dieser Stelle vor allem auch die Sicht der knapp 20 Prozent ÖVP- PräferentInnen im Sample. Zwar finden sich in diesem Segment 40 Prozent, die an ein rasches Ende der Causa glauben wollen – genauso groß ist aber auch jener Anteil, die sich hier kein Urteil zutrauen. Ein klar überdurchschnittlicher Wert, vergleicht man ihn mit jenen der anderen Partei-PräferentInnen.

 

Immerhin ein Drittel geht davon aus, dass der neu angelobte Alexander Schallenberg nur ein Bundeskanzler auf Zeit sein wird, und Sebastian Kurz – sofern sich wie parteiintern öfters prognostiziert die Vorwürfe gegen ihn nicht bewahrheiten sollten – zu einem späteren Zeitpunkt wieder als Regierungsoberhaupt zurückkehren wird. Rund die Hälfte kann sich dies nicht vorstellen. Werte im Übrigen, die man nicht nur bei der Einschätzung der Situation findet, sondern die auch weitestgehend den eigenen Wunschvorstellungen zur Zukunft des nunmehrigen zweifachen Ex-Kanzlers entsprechen, wie eine parallel laufende Umfrage von MARKET für die Tageszeitung „Der Standard“ belegt.

Während sich knapp ein Viertel der Befragten an dieser Stelle noch keine Meinung gebildet hat, ist eine mögliche Kurz-Rückkehr ins Kanzleramt für knapp 70 Prozent der ÖVP-PräferentInnen offenkundig eine klare Sache. Sie halten zu „ihrem“ Kanzler, egal wie laut die Misstöne ausfallen.

Auch klar – zumindest außerhalb des ÖVP-Kosmos – fällt die Frage nach weiteren Reaktionen im Zuge der andauernden Korruptionsaffäre aus. Für knapp die Hälfte ist es mit dem Schritt zur Seite von Sebastian Kurz nicht getan. Sie fordern auch Rücktritte weiterer ÖVP-Regierungsmitglieder (ohne dass Namen genannt werden), um letzten Endes eine noch größere innenpolitische Krise abzuwenden.

Gänzlich anders freilich wieder die Sicht der ÖVP-PräferentInnen. Für drei Viertel von ihnen wurde durch den Abgang Kurz bereits alles Notwendige getan, weitere Köpfe rollen sehen wollen nur 12 Prozent in diesem Segment.

Letzen Endes liegen die Zügel freilich bei der ÖVP, wie es in Zukunft parteiintern weiter geht. Fraglich wird natürlich auch sein, wie weit die Grünen als Juniorpartner in der Koalition mögliche kommende Schritte der ÖVP mittragen bzw. was passieren wird, sollten sich die Anschuldigungen gegenüber Kurz und sein Team in der vorgebrachten Form bewahrheiten. Oder gar verschlimmern. Aber um es mit den leicht abgewandelten Worten des Neo-Kanzlers Schallenberg zu sagen: „They cross the bridge when they get there…“

 

Dokumentation der Umfrage MT2167:
MARKET INSTITUT, Basis: 1.000 national repräsentative Interviews (online im MARKET Panel)
Befragungszeitraum: KW41 / 2021

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