Künstliche Intelligenz ist im Kommen
Ist die Künstliche Intelligenz (KI) schon im Arbeitsalltag angekommen? Dieser Frage ging die oö. Standortagentur Business Upper Austria im Auftrag des Wirtschaftsressorts des Landes OÖ und der Arbeiterkammer OÖ gemeinsam mit dem Market-Institut nach. Durchgeführt wurden eine Befragung mit rund 360 Teilnehmer/innen sowie in der Vorerhebung (Online)-Interviews mit zehn KI-Expert/innen und elf explorative Online-Fragebögen mit HR-Verantwortlichen und Betriebsrät/innen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmensvertreter und Betriebsräte gleichermaßen Erwartungen, aber auch Befürchtungen zum Einsatz von KI hegen“, betonen Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner und AK OÖ-Präsident Andreas Stangl. „Eindeutig ist, dass auf beiden Seiten noch Wissen rund um die Einsatzmöglichkeiten fehlt und sich beide Seiten klare regulatorische Rahmenbedingungen wünschen“, so Landesrat Achleitner und Präsident Stangl.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Das persönliche Wissen zu KI hält sich sowohl bei den Führungskräften als auch den Betriebsräten sehr in Grenzen.
- In knapp der Hälfte der befragten Unternehmen wird KI bereits eingesetzt, in den Unternehmen der Betriebsräte werden die Möglichkeiten geprüft.
- Sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte sehen hohen Schulungsbedarf am meisten bei sozialer Kompetenz im Umgang mit KI und bei rechtlichen Voraussetzungen.
- Man glaubt nur bedingt, dass es durch den Einsatz von KI zu Jobverlusten kommt. Allerdings rechnet man mit einer grundlegenden Veränderung der Arbeitswelt und mit einer immensen Bedeutung des Themas Datenschutz.
- Für die Betriebsräte stehen der Schutz der Privatsphäre und der Vorrang menschlichen Handels im Vordergrund. Unternehmen denken an Sicherheit und Starthilfen zum Einstieg in das Thema KI.
- Die derzeitige Rolle ist noch sehr verhalten, wird aber recht schnell an Bedeutung gewinnen, es wird zu einem Hype kommen, so die Vermutung.
Studienpräsentation beim Zukunftsforum Oberösterreich 2024
Die Detailergebnisse der Analyse werden beim Zukunftsforum Oberösterreich 2024 am kommenden Mittwoch, 10. April 2024, in Linz vorgestellt. Dabei werden auch konkrete Beispiele aus der Praxis zum Thema „Künstliche Intelligenz und betriebliche Mitbestimmung“ mit Nils Werner (Hans-Böckler-Stiftung) und Reinhard Streinz (Betriebsratsvorsitzender des Angestelltenbetriebsrates der voestalpine Stahl GmbH) diskutiert.
Details zum weiteren Programm: www.zukunftsforum-oberoesterreich.at
Wirtschafts- Landesrat Markus ACHLEITNER:
Vom Schlagwort zum praktischen Einsatz im Unternehmen: KI braucht Information & Qualifizierung
„Auch wenn das Thema Künstliche Intelligenz in den vergangenen Monaten einen regelrechten Hype erlebt hat: Das vorhandene Wissen in den Unternehmen wird momentan noch mittelmäßig eingeschätzt. Das zeigt die aktuelle Befragung eindeutig. Gleichzeitig gibt es große Erwartungen und es werden große Chancen durch den Einsatz von KI gesehen“, analysiert Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner.
Was die Ergebnisse der Befragung ebenfalls zeigen, ist die große Dynamik, die in dem Thema steckt. Quer durch alle Branchen, Unternehmensgrößen und Funktionen gehen die Befragten davon aus, dass KI in den nächsten zwei bis drei Jahren eine (viel) größere Rolle spielen wird. „Allerdings ist die Unsicherheit groß, es fehlen Ressourcen, Anwendungsfälle und Wissen, um KI nutzenbringend im Arbeitsalltag einzusetzen. Umso wichtiger ist es, die Unternehmen auf diesem Weg zu unterstützen. Denn der Wille und das Potenzial sind groß“, so Landesrat Achleitner, der auf konkrete und vielfältige Unterstützungsangebote und Anwendungsbeispiele setzt.
Individuelle, passgenaue Qualifizierung
Der Impuls-Qualifizierungsverbund (IQV) „Digitale Kompetenz und Nachhaltigkeit“ ist ein Netzwerk oberösterreichischer Unternehmen, die sich gemeinsam mit den Herausforderungen der Digitalisierung, so auch unter anderem mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz, auseinandersetzen. „Das Einzigartige am Qualifizierungsverbund ist, dass genau jene Qualifizierungen angeboten werden, die von den Unternehmen benötigt werden. Insofern kann der Qualifizierungsverbund seine Angebote im Bereich der KI flexibel anpassen“, erklärt Landesrat Markus Achleitner. Aktuell ist das Thema IT-Security ein im Verbund stark nachgefragtes.
Aktuelle konkrete Qualifizierungsangebote sind etwa:
- IT-Security (technisch und/oder organisatorisch) und Datenschutz
- IT-Management
- Digital Skills im Bereich Anwendungen (auch Anwenderschulungen) und Einsatz von Digitalisierung in Unternehmen in Geschäftsprozessen
- IT-Security für Anwender (E-Mail/Social Media Security, Smart-Phone-Security, Social Engineering, IT-Security im Teleworking-Umfeld, …)
- Cloudsysteme, Big-Data, KI/AI-Einsatz, Cyber Physical Systems
- Schulungen in den Bereichen IT-Hardware, Internettechnologie und Software inklusive Softwareentwicklung (Programmierausbildung)
- E-Supply-Chain, Automatisierung und Robotik, E-Commerce (B2B/B2C)
- resiliente Internetinfrastruktur und Breitbandtechnologie (z. B. 5G)
- Umschulungen aus klassischen Berufsfeldern in den IT-/Digitalisierungsbereich
Bereits mehr als 220 oberösterreichische Unternehmen nutzen das bewährte Fördermodell. Neben den Förderungen für Aus- und Weiterbildungen profitieren die Qualifizierungsverbundmitglieder auch vom Austausch mit anderen Unternehmen, von Inputs erfahrener Expertinnen und Experten bei Netzwerkveranstaltungen und der kostenlosen Beratung durch die ÖSB Consulting GmbH. „Mit der Kombination aus AMS- und Landesförderung bietet der Impuls-Qualifizierungsverbund eine attraktive Aus- und Weiterbildungsförderung für die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das AMS fördert themenunabhängig arbeitsmarktbezogene, überbetrieblich verwertbare Aus- und Weiterbildungen. Rund 500 Schulungen wurden seit 2017 bereits gefördert“, ergänzt Landesrat Achleitner.
Der Qualifizierungsverbund wurde im September 2017 vom Land OÖ, dem AMS OÖ und der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria gegründet.
Europaweit voneinander lernen
Um auch auf der betrieblichen Ebene voneinander zu lernen und sich zu vernetzen, sind oberösterreichische Institutionen aktuell in zwei EU-geförderten Projekten engagiert: „BrAIn“ richtet sich speziell an KMUs, um einerseits ihre Wettbewerbsfähigkeit durch konkrete KI-Anwendungen zu stärken und andererseits Mitarbeiter/innen für den KI-Einsatz zu qualifizieren. Elf Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und intermediären Einrichtungen im gesamten Donauraum sind involviert. Aus Oberösterreich sind der Mechatronik-Cluster von Business Upper Austria und die außeruniversitäre Forschungseinrichtung Profactor GmbH beteiligt.
Bei einem zweiten, „IPMAI“ genannten Projekt geht es um eine konkrete KI-Anwendung: Vorausschauende Wartung und Instandhaltung ist eine vielversprechende Einsatzmöglichkeit von KI. Aber auch hier ist das Know-how der Mitarbeiter/innen entscheidend. Derzeit scheuen vor allem KMUs die hohen Investitionskosten bei gleichzeitig ungewisser Rentabilität. Projektziel von IPMAI ist ein Tool zur KI-gestützten Instandhaltung von Maschinen mit Getrieben. Beteiligt sind Forschungseinrichtungen aus Österreich und Tschechien. Leadpartner ist das Software Competence Center Hagenberg.
Andreas STANGL, Präsident Arbeiterkammer OÖ:
Betriebsräte sehen im Einsatz von KI im Betrieb Potentiale und Gefahren für die Beschäftigten
Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass Betriebsrät/innen sowohl die Potentiale und Zukunftsperspektiven erkennen, die sich aus KI-Anwendungen für ihre Unternehmen ergeben, als auch einen kritischen Blick auf mögliche Risiken haben. Aus ihrer Sicht müssen die Menschen und die zwischenmenschliche Zusammenarbeit in den Mittelpunkt sämtlicher Überlegungen zum Einsatz von KI gestellt werden. Dem Einsatz von KI als reines Rationalisierungsinstrument erteilen sie eine Absage.
Im Einsatz von KI sehen die Betriebsrät/innen durchaus Möglichkeiten zur Arbeitserleichterung. Gegenüber dem sehr stark positiven Blick auf den Einsatz von KI aus „Unternehmensperspektive“, haben sie aber eine zurückhaltendere, differenziertere und tendenziell kritischere Sicht auf die möglichen Auswirkungen von KI-Einsatz im Betrieb. Aus Unternehmensperspektive liegt der Fokus ganz klar auf „Automatisierung“ und „Produktivität“ – das erklärt wahrscheinlich auch die Skepsis der Betriebsräte.
Kaum Chancen für Verbesserung von Arbeitsbedingungen – dafür Risiko des Verlusts von Zwischenmenschlichkeit
Betriebsrät/innen und Belegschaften werden kaum informiert
Erheblichen Aufholbedarf gibt es bei Einbindung und Information der Betriebsrät/innen, insbesondere, was die Informationsflüsse und Entscheidungen innerhalb der Unternehmen betrifft. Knapp 80 Prozent der Betriebsrät/innen fühlen sich nicht ausreichend über die zukünftigen Entwicklungen im Bereich KI informiert. Und gar 90 Prozent halten den Informationsgrad ihrer Kolleg/innen im Betrieb für unzureichend. Mehr als ein Drittel der Betriebsrät/innen hat „bis dato keine Informationen über KI erhalten“ bzw. sagt, dass „KI im Unternehmen nicht angesprochen“ wird. Ein weiteres Viertel konnte das gar nicht beurteilen. Das zeigt, dass ab sofort bei der Einführung von KI-Systemen eine proaktive Einbindung der Betriebsrät/innen unbedingt notwendig ist um die Interessen der Mitarbeiter/innen zu wahren.
Datenschutz, Mitsprache und Einbindung werden die Themen der Zukunft
Durch den Einsatz von KI-Systemen wird dem Thema Datenschutz in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen. Es muss für alle transparent gemacht werden, welche Daten bei KI-Anwendungen wie verwendet werden. Darin ist sich ein überwiegender Teil der Betriebsrät/innen einig. Um mögliche negative Folgen von Anbeginn zu verhindern, müssen die Betriebsrät/innen bei der Einführung von KI-Systemen von Anfang an eingebunden werden und Mitspracherechte erhalten. Es braucht einen Schutz der Privatsphäre und persönlicher Daten, dem Vorrang menschlichen Handels und menschlicher Aufsicht vor maschinellen Entscheidungen und einen klaren rechtlichen Rahmen für einen sicheren und diskriminierungsfreien Einsatz von KI – dem stimmen mehr als 90 Prozent der Betriebsrät/innen zu.
Forderungen der AK OÖ:
- Ausbau der Mitbestimmung von Betriebsrät/innen und die Schaffung eines verpflichtenden Betriebsvereinbarungstatbestandes für den Einsatz von digitalen und technischen Systemen, die künstliche Intelligenz einsetzen und nutzen.
- Rechtsanspruch für betriebliche Interessenvertretungen auf Beiziehung eines Sachverständigen bei Einführung und Einsatz von KI-Systemen. Die Kosten muss der Arbeitgeber tragen.
- Die Möglichkeit für Betriebsrät/innen, an Schulungen durch Sachverständige auf Kosten des Arbeitgebers teilnehmen zu können.
Die Normierung einer verpflichtenden Zustimmung durch einzelne Arbeitnehmer/innen in Firmen ohne Betriebsrat, wenn KI-unterstützende Anwendungen im Betrieb eingeführt werden.
Prok.in Birgit STARMAYR, Institutsleitung MARKET Marktforschung:
Betriebsräte und Unternehmen erwarten rasant wachsende Bedeutung von KI
Wenig persönliches Grundwissen zum Thema Künstliche Intelligenz, allerdings durchwegs positive Einstellung mit gewisser Vorsicht.
Sowohl aus Unternehmenssicht als auch aus Betriebsratssicht hält sich das persönliche Wissen zu KI noch in Grenzen. Ein deutlich höherer Prozentsatz spricht im Vergleich von niedrigem als von hohem Wissen. In Summe ist man jedoch der klaren Meinung, dass man von KI im beruflichen Leben unterstützt wird und dass die Chancen die Risiken übersteigen, dass KI die Arbeitswelt grundlegend verändern wird. Allerdings: ein sehr ausgeprägtes Bewusstsein für die Bedeutung des Datenschutzes zeichnet sich ab, auch besteht sehr wohl die Befürchtung – insbesondere seitens der Betriebsräte – dass Menschen durch KI ihren Job verlieren könnten bzw. dass man durch KI Manipulationen ausgesetzt ist.
Mehr als 80 Prozent der Unternehmen setzen KI bereits ein bzw. prüfen gerade die Möglichkeiten für einen Einsatz. Allerdings spricht man KI derzeit sehr wenig Bedeutung im Unternehmen zu.
Andererseits erwartet man sich innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre einen starken Hype mit schnell anwachsender Relevanz. Diese sehr schwammige derzeitige Position zu KI bestätigt sich auch im Detail: Mehr als 60 Prozent der Betriebsräte fehlt es an Information zu KI – man weiß nicht, wo das Unternehmen diesbezüglich steht und fühlt sich zu wenig informiert.
Die Top Einsatzgebiete sieht man derzeit zum einen im Marketing und im Vertrieb (Content-Erstellung, personalisierte Werbung und Analyse des Kundenverhaltens) und zum anderen im Bereich IT und in der Produktion und Forschung (Datenmanagement, Datensecurity, IT-Support und Ähnliches).
Die Erwartungshaltung, dass KI große Chancen birgt ist stark ausgeprägt, allerdings sehen die Unternehmen als auch die Betriebsrätinnen (diese noch deutlich stärker) auch deutliche Risiken, die KI mit sich bringt.
Chancen sieht man besonders in der Optimierung von Routinetätigkeiten, in schnelleren Problemanalysen und Effizienzsteigerung bei Prozessen aber auch in einem besseren Qualitätsmanagement bzw. in der Qualitätssicherung. Demgegenüber verweisen gerade die Betriebsräte auch auf große Risiken, insbesondere wenn es um den Verlust von Know-how, aber auch um den Verlust von zwischenmenschlicher Interaktion geht. Neben ethischen Bedenken aufgrund von mangelnder Transparenz stehen Sicherheitslücken und der Datenschutz und fehlende rechtliche Regulationen im Vordergrund.
Daraus entsteht ein klarer Wunsch in Richtung gesetzlicher Regulierung von KI.
Gerade in Hinblick auf den sicheren Einsatz von KI aber auch den rechtlichen Rahmen für die Erhaltung der Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness erwarten sich Unternehmen und Betriebsräte eine klare und auch schnelle Regelung. Es geht nicht darum, KI zu verbieten, aber auch nicht darum den High-Tech Unternehmen hier freies Spiel zu überlassen – sondern um klare Vorgaben, wie KI eingesetzt werden kann und darf.
Der Einsatz von KI erfordert auch eine klare Bildungsoffensive in unserem Land.
Sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte wissen, dass hohe Kompetenz erforderlich ist. Neben der Grundverständnis geht es dabei um die Interpretationsfähigkeit, um die Bewusstseinsbildung im Bereich Datenschutz aber auch klar um ein richtiges Maß an Kritikfähigkeit. Für Betriebsräte müssen die Mitarbeiter/innen von Beginn an eingebunden werden und unternehmensinterne Expert/innen zur Schulung und Kommunikation zur Verfügung stehen. Datenschutz, der Schutz der Privatsphäre und auch der Vorrang von menschlichem Handeln vor maschinellen Entscheidungen sind dabei besonders herauszustreichen.
Entsprechend ist der Wunsch nach Schulung und Weiterbildung groß.
Man erwartet sich aber nicht nur ein Maß an Basiswissen, sondern sieht Inputs im Bereich der rechtlichen Voraussetzungen, und Weiterbildung im Bereich der sozialen Kompetenzen für den Einsatz von KI als besonders relevant an. Und man wünscht sich mehr Wissen und Informationen zu konkreten praktischen Anwendungen.
Presseunterlagen: Grafiken KI