Dass FPÖ-Chef Herbert Kickl bei den ORF-Sommergesprächen mit Martin Thür auf das Thema Wirtschaft setzte, hängt nicht nur mit dem neuen FPÖ-Wirtschaftsprogramm zusammen, sondern auch mit der strategischen Überlegung, der Volkspartei ihr Kernthema streitig zu machen. Es riecht nach Revanche: So wie ÖVP-Ex-Kanzler Sebastian Kurz seinerzeit mit dem Fokus auf Migration im Freiheitlichen-Stammrevier wilderte, versucht Kickl, nun eine wichtige ÖVP-Klientel anzusprechen: die Unternehmer.
Die Großwetter- und Stimmungslage spielt den Freiheitlichen, die in den Umfragen auf Platz eins liegen, derzeit in die Hände. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Linzer Market-lnstituts für den trend. Ganz oben in der Prioritätenliste der Österreicher:innen, was ihre Wahlentscheidung betrifft, liegen politische Rezepte für Sicherheit und Ordnung. 39 Prozent nennen dieses Kriterium. Gleich dahinter kommt der Wunsch nach – von den Rechts- und Rechtsaußenparteien immer wieder propagierten – strengen Zuwanderungsbestimmungen gleichauf mit dem Kampf gegen Korruption. Dahinter folgt das Wahlmotiv ,,Engagement für Bildung und Weiterbildung“.
Auf Rang fünf und sechs kommen jene Politikbereiche, in denen die Sozialdemokratie und die Grünen traditionell punkten: soziale Gerechtigkeit und Besteuerung der Reichen zum einen, ein glaubwürdiges Umwelt- und Klimaschutzprogramm zum anderen. Beide Parteien tun sich offenkundig schwer, in anderen Gefilden glaubwürdig Fuß zu fassen.
Und erst dann kommt das Wirtschaftsthema, dessen sich die FPÖ und ihr Chef Kickl nun im lntensivwahlkampf verstärkt annehmen.
Bei Law & Order und Migrationspolitik gibt es einen klaren Gender-Gap. Sicherheitspolitische Konzepte sind etwa für 44 Prozent der Männer wichtig, aber nur für 34 Prozent der Frauen. Ebenso verhält es sich mit dem Stellenwert eines glaubwürdigen Wirtschaftsprogramms: 32 Prozent der Männer nennen es als wichtiges Kriterium für ihre Wahlentscheidung, aber nur 16 Prozent der Frauen. Auffällig ist auch, dass den über 6O-Jährigen, deren Pensionen in der Regel vom Wohlergehen der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abhängig sind, Ökonomie deutlich wichtiger ist als den 5O bis 6O-Jährigen, die in der Regel noch mitten im Arbeitsleben stecken: 29 versus 19 Prozent geben in diesen beiden Alters gruppen an, dass für sie Wirtschaft als politisches Wahlmotiv Toppriorität hat.
Seniorität ist auch ein Faktor, wenn es um die Bedeutung der jetzt startenden TV Duelle im ORF und in den Privatsendern für die eigene Wahlentscheidung geht. Generell geben nur elf Prozent der Befragten an, die Konfrontationen zwischen den Spitzenkandidaten sei für ihre Entscheidung „sehr wichtig“, 32 Prozent halten sie für „eher wichtig“. Eine absolute Mehrheit hält das televisionäre Kräftemessen demnach für tendenziell unwichtig.
Allerdings gibt es ein klares Altersgefälle. Bei den unter 3O-Jährigen messen 22 Prozent, also doppelt so viele wie der Durchschnitt der Befragten, den Duellen große Bedeutung zu, ,,eher wichtig“ halten sie weitere 41 Prozent. ,,Die Jungen sind in der Meinungsbildung noch offener“, interpretiert diesen Umstand Market-Expertin Birgit Starmayr. Abgebrühtheit oder vielleicht auch Abgestumpftheit scheinen hingegen bei den über 6O-Jährigen dominant zu sein.
Diese Gruppe erwartet sich am wenigsten vom Schlag-, bestenfalls Argumenteaustausch zwischen Nehammer, Babler, Kickl, Kogler und Meinl-Reisinger: Nur sieben Prozent aus dieser Altersgruppe befinden, dies sei „sehr wichtig.“