Die Lage der politischen Parteien in der Sommerpause

12.08.2020

Im Westen nichts Neues – der Buchtitel von Erich Marie Remarque- trifft die augenblickliche Lage der politischen Parteien in Österreich. Noch während und natürlich auch unmittelbar nach dem Corona-Lockdown war eine durchaus bemerkenswerte Dynamik in der politischen Landschaft feststellbar. Besonders markant war der Höhenflug von Bundeskanzler Kurz und seiner ÖVP. Längst gab es die Rückkehr zu einer politischen Normalität, die sich in einer stabilen Marktanteilsverteilung der Parteien zeigt.

Die ÖVP ist zwar deutlich unter dem Corona-Hype, aber klare Nummer Eins mit 30 Prozent (ungewichtete Rohzahlen, d.h. nicht hochgerechnet). Die zweitstärkste Partei, nämlich die Nicht-Wähler, schwächelten in der Corona-Hoch-Phase, liegen aber jetzt seit zehn Wochen ziemlich stabil (25 Prozent). Die Grünen, der Regierungspartner der ÖVP, zeichnet sich durch eine leicht positive Grundentwicklung aus. In der KW 18 lagen die Rohwerte bei 13 Prozent und jetzt im August sind es 15 Prozent. Übrigens performt hier die Partei deutlich besser als der Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler. Bemerkenswert ist, dass die Grünen in den Rohzahlen derzeit gleichauf mit der SPÖ liegen. Dieses Ergebnis deutet auf eine anhaltende Schwäche der SPÖ hin. Die SPÖ hatte um die KW 26 ihr bisheriges Hoch mit 19 Prozent Wählerzuspruch. Jetzt aktuell dümpelt die Partei vor sich hin und Rendi Wagner erhält noch viel weniger Zuspruch als ihre ohnehin schon geschwächte Partei.

Die FPÖ kommt aus der Krise nicht raus. Sie liegt zwar stabil, aber sehr weit entfernt von ehemaligen Top-Nenn-Niveaus. Der Zuspruch für Hofer ist derzeit eher knapp unter dem Parteiniveau.

Die Neos präsentieren sich im Sommer 2020 ebenfalls sehr stabil auf niedrigem Nievau. Partei und Spitzenkandidatin sind nahezu auf einer Prozentbasis. Letztlich performt Kanzler Kurz trotz nachträglicher Diskussionen um „seine“ Corona-Maßnahmen ausgezeichnet. Die Kanzlerwahlfrage bestätigt ihn als alternativlos. Auffällig ist, dass Werner Kogler keinen Vizekanzler-Bonus aufbauen konnte.

Die Kanzler-Begeisterten finden sich weit überdurchschnittlich im Alterssegment der über 60jährigen. Der Westen Österreichs (Salzburg, Tirol Voralberg) sowie die Steiermark sind vom Bundeskanzler besonders angetan. Erwartungsgemäß hat der Kanzler eine hohe Zustimmung bei ÖVP-Wählern (95 Prozent). Von so einem hohen Wert können die anderen Partei-Chefs nur träumen. Norbert Hofer schafft als zweitbester 72 Prozent Zustimmung bei FPÖ-Wählern. Rendi Wagner spricht jeden zweiten SPÖ-Präferenten an (52 Prozent). Werner Kogler erzielt nur magere 45 Prozent Zustimmung in der eigenen Partei – das ist ein Alarmzeichen und deutet auf eine aktuell massive Unzufriedenheit der Parteiwähler mit der Performance vom Grünen-Chef hin.

Hinweis in eigener Sache: Paul Felix Lazarsfeld ist der Begründer der modernen Sozialforschung. Er wurde 1901 in Wien geboren. Promovierte 1924 zum Dr.phil. der Mathematik an der Universität Wien. 1935 entschloss er sich zur Emigration in die USA. Dort war er 37 Jahre Professor an der Columbia Universität und befasste sich intensiv mit Sozialforschung, Wähleranalysen und mit innovativer Methodenentwicklung im Bereich des Social Research. Die zweite Republik wollte diesen großen Sohn wieder zurückgewinnen, in diesem Zusammenhang sind in Österreich das IHS und später die PLG (Paul Lazarsfeld Gesellschaft) gegründet worden. Seit 2020 ist Prof. Dr. Werner Beutelmeyer, neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des market-Institutes auch Präsident der Lazarsfeld Gesellschaft.

Die dargestellten Ergebnisse auf die Sonntagsfrage sind ungewichtete Rohzahlen. Die Forschungsgemeinschaft market&Lazarsfeld hat bisher und wird auch künftig ausschließlich Rohzahlen der Sonntagsfrage veröffentlichen und auf eine Hochrechnung der Ergebnisse verzichten. Die Rohzahlen sind jene Zahlen, die sich direkt aus der Befragung ergeben und wo die Unentschlossenen noch nicht zugerechnet sind. Bei hochgerechneten Ergebnissen werden die Nicht-Wähler bzw. Unentschiedenen zugeordnet und gewichtet und daraus soll eine rechnerische Annäherung an das tatsächliche Wahlergebnis resultieren. Die methodische Frage dabei ist, nach welchen Algorhythmen hochgerechnet wird und ob diese Annahmen richtig sind. Letztlich sind Rohzahlen die unverfälschten „ehrlicheren“ Werte, die aber von den Marktforschern nur sehr selten herausgegeben werden. In den USA ist die Publikation der Rohwerte seit 1948 verpflichtend und die Forschungsgemeinschaft market&Lazarsfeld wird ebenfalls das „ungewichtete und damit unverfälschte“ DatenrohmateriaL zur Verfügung stellen.

Dokumentation der Umfrage: MARKET INSTITUT, Studie Gesellschaftsindikatorforschung 2020/KW33 n=15.000 Online-Interviews; repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Pro KW 1.000 repräsentativ Befragte.

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